WIGWAM – Wohnen in Gemeinschaft

Gemeinsam gegen Einsamkeit: Erfahrungen aus dem gemeinsamen Wohnprojekt WIGWAM

Wohnraum wird immer knapper. Gemeinschaftliches Bauen und Leben stellen eine vielversprechende Alternative dar. Ein Gebäude vereint dabei verschiedenste Wohnformen und die Einwohner können nach Belieben Bereiche ihres Lebens miteinander teilen. Ist Deutschland schon bereit dafür?

„Ich stehe morgens früh auf, gehe runter, hole meine Zeitung. Annegret rollt mit dem Rollstuhl raus. Wir sagen bloß guten Morgen, wünschen uns einen schönen Tag und man fühlt sich sofort anders“, erzählt Marlene Schlegel in der Gemeinschaftsküche. Mit am Esstisch sitzen Sibylle Höf und Kirsten Levene. Beide nicken zustimmend und nippen an ihren Getränken. Die drei älteren Damen leben seit 2015 in dem gemeinsamen Wohnprojekt WIGWAM in Reutlingen.

Ich wollte nicht in einer Zweizimmerwohnung versauern."

Sibylle Höf  Eine der Gründerinnen von WIGWAM als Grund für Ihre Entscheidung, das Projekt zu wagen

Sibylle Höf (zweite von rechts) genießt die Gemeinschaft mit den weiteren Bewohnerinnen des Hauses.

Altersstrukturen verändern sich – die Zahl der Alleinstehenden steigt

Marlene Schlegel mietet eine der abgeschlossenen Wohneinheiten der Hausgemeinschaft, während die Gründerinnen Sibylle Höf und Kirsten Levene in einer WG mit gemeinsamer Küche wohnen. Ein großer Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss steht allen frei zur Verfügung. „Ich wollte nicht in einer Zweizimmerwohnung versauern“, begründet Sibylle Höf ihre gemeinsame Entscheidung, WIGWAM zu bauen und zu finanzieren.

Wie den drei Bewohnerinnen des Hauses WIGWAM geht es vielen und das Interesse am gemeinschaftlichen Wohnen steigt. Diese Form des Zusammenlebens wird vom Forum gemeinschaftliches Wohnen als Zusammenschluss von Menschen definiert, die „freiwillig und bewusst bestimmte Bereiche ihres Lebens räumlich und zeitlich miteinander teilen.“ Karin Lang, Geschäftsführerin der Stuttgarter Bauausstellung IBA27, sieht im demografischen Wandel eine treibende Kraft dieser Entwicklung. Die Altersstrukturen verändern sich. Wir werden immer älter“, sagt sie. „Es kommt häufig vor, dass einzelne Personen in einer Beziehung zurückbleiben: Sei es, dass sie verwitwet sind oder sich von ihren Partnern getrennt haben. Wir haben so viele Singles wie noch nie.“ Das bestätigt das Statistische Bundesamt. Im Jahr 1996 waren es noch rund 14 Millionen Alleinstehende, 2021 ist die Anzahl auf fast 19 Millionen Singles angestiegen.

Gemeinsam Geld in das Projekt investieren

Auch Marlene Schlegel erfuhr einen solchen Schicksalsschlag. „Ich habe WIGWAM im Internet gefunden, da war mein Mann zwei Monate zuvor verstorben“, berichtet sie. Glücklicherweise hatte sich Marlene Schlegel schon Jahre zuvor für gemeinschaftliches Wohnen begeistert und in WIGWAM eine Chance erkannt.

Um sich diesen Wohntraum zu erfüllen, ist beim Bauen jedoch einiges zu beachten. „Immerhin geht es darum, gemeinsam Geld in das Projekt zu investieren“, sagt Expertin Karin Lang. „Da sollten viele Fragen im Vorfeld geklärt werden. Zum Beispiel muss klar sein, wer für was bezahlt und was im Falle eines Auszugs oder einer Trennung passiert.“

Eine gute Vorbereitung und die Klärung von Fragen ist Voraussetzung für das Gelingen. 

Wechsel zum Baupartner WeberHaus

Das besagte Absprechen untereinander bereitete den Gründerinnen von WIGWAM keine Schwierigkeiten. Hürden hatten sie bei Planung und Bau dennoch zu bewältigen. Ursprünglich war das Gebäude als Vollsteinhaus vorgesehen. „Dann sind aber die Kosten in die Höhe geschossen“, sagt Marlene Schlegel. „Und es dauerte alles sehr lang“, ergänzt Sibylle Höf. Aufgrund dieser Wartezeiten machte die Stadt den Frauen Druck, da das Grundstück bebaut werden musste. Letztlich fanden sie eine preisgünstigere Alternative, indem sie beim Baupartner zu WeberHaus wechselten und WIGWAM als Holzständerhaus ausgeführt wurde.

Wird sich die Nachfrage nach gemeinschaftlichem Wohnen verändern? Noch bevorzugen 60 % der Deutschen Einfamilienhäuser. 

Herausforderungen beim gemeinschaftlichen Bauen

Wie es zu diesen Problemen kommen konnte, obwohl die Frauen sich vorab ausgiebig mit der Finanzierung beschäftigt hatten, erklärt Karin Lang: „Heute scheitert es an vielen Regularien und mangelnder Transparenz bei den Förderangeboten. Die Fördermittel sind noch nicht auf gemeinschaftliches Bauen eingestellt. Es gibt auch zu wenige Baugenossenschaften, die so etwas begleiten.“ Selbst das Baurecht ist Karin Lang zufolge noch nicht auf solche Projekte vorbereitet. Wirft man einen Blick auf die Nachfrage, dann ist das kaum verwunderlich: Noch immer bevorzugen rund 60 Prozent der Deutschen ein Einfamilienhaus.

Zusammenspiel von Freiraum und Gemeinschaft

Die Bewohnerinnen von WIGWAM mussten deshalb bei der Ausführung Abstriche machen. „Ich wollte keine Miete zahlen, die gegebenenfalls erhöht wird“, erklärt Sibylle Höf. „Das hat sich nicht verwirklichen lassen, weil die Bank gesagt hat: Wenn ihr da nicht ein paar Wohnungen verkauft, dann finanzieren wir euch nicht.“ Wer in die besagten Wohnungen einzieht, suchen sich die Bewohnerinnen unter bestimmten Kriterien aus. Diese fasst Kirsten Levene kurz zusammen: „Wir suchen eine Person, die sich für gemeinschaftliches Wohnen interessiert, nicht unbedingt permanent jemandem auf der Pelle sitzen will, sich aber trotzdem in die Gemeinschaft einbringt.“

 

Jede kann entscheiden, ob sie lieber in ihrem Wohnbereich oder bei einer Veranstaltung sein möchte. 

Rückzugsmöglichkeiten & Gemeinschaftsflächen

Diese ideale Balance zwischen Privatheit und Interaktion ist subjektiv. „Ich brauche manchmal meinen Abstand“, erklärt beispielsweise Marlene Schlegel. Für sie eignet sich eine abgeschlossene Wohneinheit besonders gut. Um das individuelle Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, sind durchdachte Raumanordnungen wichtig. Karin Lang zufolge sollten die Grundrisse so angelegt sein, dass es sowohl Rückzugsmöglichkeiten als auch Gemeinschaftsflächen gibt. Im Haus WIGWAM kommen diese gemeinsamen Wohnbereiche häufig zum Einsatz. „Wir haben auch schon im Gemeinschaftsraum Konzerte veranstaltet oder Lesungen“, sagt Sibylle Höf. „Einmal im Monat findet dort außerdem unser Reparaturcafé statt.“ Die Teilnahme an den Veranstaltungen und Ausflügen ist freiwillig. Lediglich bei der monatlichen Hausversammlung sollten die Bewohnerinnen anwesend sein.

Das muss sich jeder bewusst sein

Ich muss Gemeinschaft mögen, Offenheit und Toleranz mitbringen.“

Karin Lang Geschäftsführerin der Stuttgarter Bauausstellung IBA27 über die Voraussetzungen für Bewohner

Manchmal hilft eine externe Meinung

Dieser Lebensstil eignet sich aber nicht für alle Menschen gleichermaßen. „Ich muss Gemeinschaft mögen, Offenheit und Toleranz mitbringen“, setzt Expertin Karin Lang voraus. „Ansonsten würde ich in so einem Projekt nicht glücklich werden.“ Eine Bereitschaft, aktiv Probleme anzusprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden, beschreibt sie als essenziell. Die Bewohnerinnen des Hauses WIGWAM greifen dafür gelegentlich auf eine externe Meinung zurück. „Da kam eine Frau, die als Moderatorin ausgebildet war. Sie hat gruppenspezifische Prozesse durchschaut und uns dann angeleitet“, erzählt Sibylle Höf.

Nicht nur träumen

Obwohl der Weg zum Ziel beschwerlich war, sind die Bewohnerinnen des Hauses WIGWAM zufrieden. „An Tagen wie heute, wenn wir davon erzählen, da bin ich schon ein bisschen stolz“, gesteht Kirsten Levene. „Geträumt wird nämlich viel von dieser Wohnform. Wenn es dann aber ans Eingemachte geht, dann sieht es oft anders aus.“

Weitere Informationen

Autorin: Sylvia Gatzka, Redaktion Hausbauhelden

WIGWAM steht für „Wohnen IGemeinschaft Wertschätzend Achtsam Miteinander“ 

 

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